Aisaku Suzuki: Skulpturen

25 Juni - 30 Juli 2022

Anläßlich des 90. Geburtstages von Aisaku Suzuki zeigen wir eine Auswahl seiner Werke.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Eröffnung: Samstag, 25. Juni 2022, 11 Uhr

Der Künstler ist anwesend

 


DIALOG UND FORM

Der Anfang meiner Arbeiten ist ein Block Gips.

Ohne jeglichen Plan fange ich mit dem Meißel an zu arbeiten. Der Block nimmt allmählich eine Form an, die ständig „wächst“ und sich kontinuierlich verändert. Ich nenne es einen „Dialog mit dem Material“.
Meine Auseinandersetzung mit dem Werkstoff wirkt nicht nur auf das Objekt, sondern auch auf mich, der Gestaltungsprozess ist nicht nur sichtbar in der Form, sondern er formt sozusagen auch mich. Wie bei einem Dialog ist der Vorgang der Gestaltung nicht vorhersehbar. So wird jeder Moment zu einer Entdeckung, beinhaltet Neues. Ich gestalte eine Skulptur und gleichzeitig werde ich bei dieser formalen Veränderung selbst gestaltet. Hierin liegt also eine ständige Selbsterkenntnis meinerseits, die aber nicht intellektuell ist, sondern eher intuitiv. Erst wenn ich fühle, dass eine Urform „vollendet“ ist, entscheide ich, aus welchem Material ich sie letztendlich fertige. Denn es gibt Formen - vor allem flache – die sich beim Brennen verformen würden. Ich wähle dann Ton oder Schamottton und glasiere sie in Blau. Früher habe ich in vielen Probe-Brennvorgängen dann die Urform immer wieder korrigiert, bis die gebrannte Form dem ursprünglichen Original entsprach. Seit einigen Jahren verwende ich Holz. Das sind für mich erst einmal technische Fragen, denn die Form der Skulptur an sich ist mir das Wichtigste. Für mich unwichtig ist auch die Reproduzierbarkeit. Dennoch „gestatte“ ich manchmal Skulpturen der gleichen Form aus verschiedenen Materialien nebeneinander bestehen zu dürfen, weil ich deren individuellen und materiellen Reiz anerkennen muss.

Eine weitere Frage ist, woran sich diese Gestaltung orientiert, was sie prägt.

Da ich bis zum 35. Lebensjahr in Japan gelebt habe, ist es nicht verwunderlich, dass ich von der japanischen Kultur beeinflusst worden bin. Aber dieser Einfluss wurde wahrscheinlich von der westlichen Kultur umgestaltet. Der Umfang dieser Umgestaltung ist jedoch nicht genau feststellbar. In Japan gelten meine Arbeiten als europäisch, in Europa als japanisch. Was ich trotzdem sagen kann ist, dass der Einfluss der japanischen Kultur mir durch die ständige Auseinandersetzung mit der westlichen sehr bewusst geworden ist.

Schon die Intention, eine Skulptur als Künstler gestalten zu wollen, ist ja sehr europäisch. Dass ich sie aber nicht zuvor in meinem Kopf entwerfe, Skizzen mache oder Modelle baue, sondern intuitiv im Prozess gestalte, ist nicht unbedingt japanisch, sondern eher mein persönlicher Arbeitsstil.

Der ästhetische Einfluss lässt sich so zusammenfassen: minimalistische Raumgestaltung oder sparsame Raumnutzung, Asymmetrie, sinnenhafte Wahrnehmung.
Die Synthese aus diesen drei Punkten ist in meinen Plastiken wahrnehmbar, denn sie sind nie symmetrisch, immer abstrakt, nie eine Zusammensetzung aus sich wiederholenden Formen und nie geometrisch. Auf den ersten Blick wirken sie puristisch, bei längerem Betrachten sehr komplex und immer ohne Vorbild in der Natur. Außerdem haben sie etwas Sinnenhaftes: Sie verführen den Betrachter, sie zu berühren.

Aisaku Suzuki