Hitomi Uchikura: Poesie in Monden und Spiegeln
Aomi Okabe (Kuratorin, Kunstkritikerin)
Sende den Duft des Mondes (Herbst 1953)
Sende den Duft zum Mond (Winter 1962) ¹
Im Frühling dieses Jahres hatte ich die Gelegenheit, mir in Japan eine größere Ausstellung von Hitomi Uchikuras Werken anzuschauen.² Sie hingen und standen ruhig inmitten der warm anmutenden Holzsäulen und Türpaneele sowie dem reinen Weiß der Wände und der Shōji-Schiebetüre eines alten, im traditionellen Stil erbauten Familienhauses. Es hatte als Galerie neues Leben erhalten, doch wies es noch immer Spuren ehrlicher Handwerkskunst auf. Sanftes, natürliches Licht, das durch das milchige Glas der hohen Fenster strömte, brachte einen Hauch von Lebendigkeit in den großzügigen Raum mit offenem Dachstuhl – und etwas wie ein subtiles Schwingen in die Kunstwerke.
Die fünf Werke der Serie Lumière, im Format großer, stattlicher Kakemono-Bildrollen, hatten eine majestätische Ausstrahlung. Mit ihren eingepressten unzähligen Kreisen erinnerten sie an Blasen des Urlebens, geboren in den großen Ozeanen, oder an den Anblick von Sternbildern am Firmament. Während ich mich in die Werke vertiefte, musste ich plötzlich an Yoko Onos Anweisungen Duft denken. Zweifellos hätte Ono beim Anblick dieser Werke mir gesagt: „Stell dir einen Nachthimmel mit tausend Monden vor.“ Angesichts der Schönheit eines milchigen Nachthimmels voller Monde müsste sogar die mächtige Sonne vielleicht ihren Thron abtreten...
Hitomi Uchikuras (geb. 1956 in Kagoshima) Erforschung des Lichts begann vor über 30 Jahren, als im Frühling zufällig Sonnenlicht auf einen Haufen Spiegelscherben neben einem Fenster in ihrem Atelier fiel und ein Feuerwerk von Lichtkreisen auslöste. Doch diese wie von der Hand eines höheren Wesens hervorgerufene Erleuchtung trug nicht sofort Früchte, im Gegenteil, die Selbstzweifel der Künstlerin vertieften sich nur. Die Lösung, die sie zur Überwindung dieser persönlichen Krise fand, war mehr als ungewöhnlich:
Sie beschloss, dass der beste Weg, ihr menschliches Selbst zu objektivieren, darin bestand, mit einem Tier zusammenzuleben – und kaufte ein Ponyfohlen. Pferde sind edle Wesen, und dieses dazu eigenwillig wie eine Katze. Während sie das Tier aufzog, siedelte Uchikura nach Nasu um – ein Ort, der sie an ihre Heimat Kagoshima erinnerte. Dort lebt und arbeitet sie bis heute in ihrem mit einer Buckminster Fuller-Kuppel überdachten Atelier.
Uchikura spricht von der Schönheit der Natur, wie es sie in den Bann zieht, „wenn sich kurz vor Sonnenaufgang in den Spinnennetzen, die im Sommer überall hängen, Tautropfen bilden und zu leuchten beginnen.“ In den Tiefen der Linsen der Bright Cells findet sich diese silberne, kaleidoskopartige Magie wieder. Sie entsteht durch zerbrochenes Spiegelglas, mit dem das Innere der Hohlkugeln ausgekleidet ist, die mit Ziegenleder umhüllt wie Meerestiere anmuten.
„Zerschlage deinen Spiegel und zerstreue die Stücke über verschiedene Länder. Reise, sammle die Stücke ein und klebe sie wieder zusammen…“³
So verführt uns Yoko Ono zu einer Reise durch Zerstörung und Wiedergeburt. Zuerst zerstört man die Gestalt des eigenen Selbst. Dann, dank irgendeiner Hilfe, wird man neu geboren – voller Narben. Vielleicht ist es dem Pony zu verdanken, das über 25 Jahre mit ihr lebte, dass Uchikura zu einer international tätigen Künstlerin heranreifte, deren Werke heute nicht nur in Japan, sondern auch in Ländern wie Frankreich und Deutschland zu finden sind – verteilt über die ganze Welt, in immer neuen und innovativen Werkreihen.
Ihre neue großformatige Serie Mirage ist ein Beispiel. Um Kreise wie in den Lumière-Werken ist das Papier weggeschnitten und legt einen dahinter verborgen Spiegel frei, der in den Durchbrechungen der Papierfläche seine Reflexionen zeigt. Die Werke reflektieren sowohl den Raum, in dem sie positioniert sind, als auch die Menschen im Raum. Wenn man sich vor ihnen bewegt und hinschaut, erzeugt dies ein fast kosmisches Gefühl, so, als sähe man durch die Wolken auf die Erde herab.
Als eine der jungen Künstlerinnen, die Anfang der 1980er Jahren neue Wege suchten in Malerei und Kunstgewerbe, konnte Uchikura an der Kunstakademie dem Unterricht beim Mono-ha Künstler Lee U-fan folgen und so ihr Gespür für Materialien verfeinern.
Nach so vielen Jahren hatte Uchikura es fast ganz vergessen, doch als Graduierte an der Akademie schuf sie Werke in minimalistischem Stil, indem sie Tropfen Wasser, vermischt mit kleinen Mengen Pigment und Leim, auf große Blätter washi-Papier fallen ließ, sodass sich ein Relief bildete. Man könnte sagen, dass hier eine Verbindungslinie zu den Lumière-Werken läuft, deren Relief ebenfalls mithilfe von Wasser geformt wird.
Hitomi Uchikura setzt ihre künstlerische Forschungsreise auf der Suche nach dem Licht weiterhin fort, wohl wissend, dass diese nie ein Ende haben wird. Währenddessen erfreut sie sich an den Zwiegesprächen die sich zwischen ihren Werken und den Menschen in der Welt entfalten.
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¹ Übersetzt aus Yoko Ono, Grapefruit (reprint London: Sphere Books, 1971) S. 54: Smell Piece I und Smell Piece II, in Abteilung 3: Event.
² Reborn in New Luster, Einzelausstellung von Hitomi Uchikura, Takemasa House, Saitama, 3.–25. Mai 2025, zur Feier des Abschlusses der Renovierung des Gebäudes aus dem Jahr 1881.
³ Übersetzt aus Yoko Ono, op. cit., S. 103: Collecting Piece III, in Abteilung 5: Object.