Jürgen Schön: Neue Arbeiten

22 April - 29 Mai 2010

Der Betrachter der Objekte Jürgen Schöns macht eine paradox anmutende Beobachtung: Je unauffälliger sich die Arbeiten in den Raum einfügen und dort eine scheinbar angestammte Existenz behaupten, desto massiver stellen sie unsere Konventionen im Umgang mit den Dingen in Frage.

Einer der Gründe dafür ist sicherlich das Verfahren der Formgebung, bei dem sich der Akt des Erfindens in die Form einschreibt. Insbesondere die durch sukzessive Schichtung einzelner Papierlagen aufgebauten Objekte entwickeln sich im Spiel der Widerstände, ihre Form ist nicht vordenkbar, sondern das Resultat eines von Transformationen, Umbildungen und Verwerfungen gekennzeichneten bildnerischen Prozesses. Zudem läßt sich die Herkunft der Formen, die aus diesem eher intuitiv zu nennenden Verfahren hervorgehen, nicht eindeutig bestimmen. Zwar zitiert Jürgen Schön organisches, ethnologisches und technisches Material, doch ist es gerade die Verflüssigung der Grenzen zwischen den Bereichen Natur, Technik und Kunst, die seine Arbeiten auszeichnet. Konsequent entwickelt er seit Mitte der 80er Jahre eine eigene, aus einem komplexen Formenvokabular bestehende Bildsprache, zu deren Charakteristika auch die Leichtigkeit gehört, mit der sie Jürgen Schön handhabt.

Zwischen den Objekten, den sie umgebenden Dingen und dem architektonischen Raum kommt es zu einem visuellen Austausch, der die Form, nicht aber die Bedeutung betrifft. Die Arbeiten Jürgen Schöns fordern dazu auf, durch die Gewohnheit zu den Dingen vorzustoßen, und bleiben gleichzeitig ästhetische Artefakte von ungemein sinnlicher Ausdruckskraft. Diese gleichsam stillen Objekte  erlauben es dem Betrachter, eine Vielzahl von Standpunkten einzunehmen. Sie faszinieren nicht allein aufgrund ihrer materialbedingten Textur und reduzierten Farbigkeit, sondern auch, weil sie auf die Aktivität des Betrachters, den Wahrnehmungsvorgang selbst, verweisen und uns zeigen, daß wir in den Dingen nicht das finden, was wir suchen, sondern wie wir suchen.

Jürgen Schön (*1956) lebt und arbeitet in Dresden.

Ralph Lindner